Viele wisssenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass so genannte Legastheniker, also Menschen mit Rechtschreibproblemen, in visueller Hinsicht entweder gleich gut wie Nicht-Legastheniker oder sogar besser abschneiden.Wieso dann visuell trainieren? – Eben aus diesem Grund. Wir nutzen diesen unproblematischen Bereich, wir nutzten diese Stärke!
„Um sich ein Wort zu merken, kann ich mir einfach merken, wie es aussieht“, welche
Erleichterung und Freude diese Erkenntnis bei Kindern und Jugendlichen mit Rechtschreibproblemen häufig auslöst, muss man erlebt haben.Oft setzt ein regelrechtes selbst initiiertes Powerlernen ein. Innerhalb weniger Tage und Wochen werden viele Wörter visuell neu gespeichert und sind dann sicher im Rechtschreibgewissen gespeichert.
Für Kinder und Jugendliche, die auch visuell Probleme haben oder anders ausgedrück, für die die visuelle Merkfähigkeit noch kein trainiertes Gebiet ist, dauert es etwas länger. Nach und nach gewinnen sie jedoch ebenfalls immer mehr Sicherheit und nähern sich langsam, aber mit einem guten sicheren Gefühl dem Niveau ihrer Altersklasse an.
Es leuchtet mir überhaupt nicht ein, dass ein wesentliches Gebiet der Wahrnehmung, das wir für die Beherrschung der Rechtschreibung unbestreitbar wichtig ist, eben die visuelle Wahrnehmung, in vielen Nachhilfeangeboten für rechtschreibschwache Schüler so wenig Beachtung findet. Stattdessen wird das Abhören von Lauten (akustische Wahrnehmung) und das Anwenden von Regeln nach abgehörten Lauten geübt. Das ist sehr umständlich! Beispiel: „Hörst du einen kurzen Vokal in der Stammsilbe und hörst du nach dem kurzen Vokal nur einen Konsonant, dann wird dieser verdoppelt.“ Wie soll man so eine Anweisung beim Schreiben umsetzen? Es ist doch viel einfacher und beim Schreiben ruck zuck umzusetzen, zu wissen, wie die Wörter aussehen: Teller, Messer, Tasse. Meine Schülerinnen und Schüler sehen das übrigens genauso.
Ulla Kloß