Geschichten

Manchmal werden große Probleme durch kleine Störungen hervorgerufen

Anton, ein recht kleiner, drahtig wirkender Junge aus der 5ten Klasse (Bewegungstyp), schreibt Wörter wie: Schmmeterlink, Margkt, Tieger, weis, pasiert, außerdem verschreibt er sich oft, wird nervös, verliert dadurch den Überblick über die Buchstaben der Wörter und den inhaltlichen Sinn des Textes.

Die genaue Diagnose ergibt, dass vor allem Antons Blickführung während des Schreibens ungünstig ist.

Darüber hinaus überraschte er mich durch sein konsequentes Umsetzen der Schreibstrategie, hier vor allem die Blickführung, und seinen schnellen Erfolg.
Anton ist auch ein Beispiel dafür, dass nur die genaue Beobachtung des Schreibprozesses der Schlüssel zum Erfolg ist. Alle anderen Übungen und Erklärungen wären zum Scheitern verurteilt gewesen. Ohne diese wichtige methodische Basis der Blickführung hätte Anton sie nicht in seinen Schreibablauf integrieren können.

Mit Anton treffe ich mich insgesamt sechs Mal. Wir üben außer der Blickführung vor allem Groß- und Kleinschreibung, sowie einige andere Rechtschreibschwierigkeiten. Danach hat er seine Rechtschreibung im Griff. Das Schriftbild bleibt dauerhaft gut.

Die ersten Trainingssitzungen verliefen wie folgt:

15. Dez  Erstes Treffen

Was ist dein Problem?

Ja, ich verschreib mich so oft. Ich geh dann immer mit dem Stift so hoch oder runter und dann vertu ich mich und dann komm ich nicht mehr mit.

Hast du Hefte dabei?
Ja.

Kannst du´s mir mal zeigen mit dem Hochgehen?

Ja. (Zeigt mir sein Heft. Sehr viel Abbrüche und Neuansetzungen im Wort, z. B. bei ‚gesagt’ nach dem a ein Aufstrich, durchgestrichene Wörter etc. )

Okay, dann schaun wir erst mal danach! Pass auf, wir machen einen Versuch. Ich diktiere dir was und mach das so schnell, dass du nicht mitkommst. Dann schau ich mal, wie das kommt. Meinst du das geht?

Ja, ich denk schon

(Ich diktiere ihm ein Stück, zunächst langsam, steigere das Tempo, er verschreibt sich schon im dritten Wort und muss durchstreichen, wird nervös. Die drei Sätze sind total verkritzelt.)
Gut. Ist es so sonst auch?
Ja, ich verschreib mich dann und dann weiß ich nicht mehr, was jetzt kommt und …

Okay. (Ich diktiere ihm noch einen Satz, sage nach der ersten Satzhälfte ‚Stopp’)
Stopp. Wo sind deine Augen, wenn du so schreibst? Wo schaust du hin.
Überlegt? Hä?

Wo schaust du hin, vor oder hinter den Stift.
Weiß nicht.

Probiers mal aus! Ich diktiere.
( Er probiert.)
Ich glaub, hinter dem Stift, ja dahinter.

Gut, dann probier sie vor den Stift zu bringen. Du siehst praktisch schon, was du gleich schreiben wirst, und malst es nur nach.

(Er macht es, sehr konzentriert, das Schriftbild verbessert sich schlagartig.)

Stopp. Wie geht das?
Gut. Wenn ich mich da so drauf konzentriere, geht es viel besser.

Fein. Mach noch mal ein bisschen weiter und achte darauf, wie du das machst.
Die Schrift bleibt sehr viel ordentlicher und er macht es sehr überrascht !!! und konzentriert.

Stopp. Wie geht es?
Gut!

Fällt dir was auf?
Ja, ich kann viel besser schreiben, wenn ich mich da ein bisschen drauf konzentriere.

Du meinst, du hast es mehr im Griff.
Ja.

Und die Verschreibungen?
Das passiert dann nicht.

Genau. Mach es immer so! Immer wenn du jetzt in der Schule oder zu Hause was schreibst, versuch die Wörter vorher zu sehen.
( Wir üben es noch eine Weile.)

Wie ist dein Gefühl?
Gut!

Gutes Gefühl, die Sache so im Griff zu haben?
Ja.

Wir trennen uns. Er ist sehr zufrieden und immer noch verblüfft.

 

19. Jan.  Zweites Treffen, dazwischen Weihnachtsferien

Hat sich irgendetwas verändert?
Ja, es ist weg!
Was?
Das mit dem Hochgehen! Das ist nicht mehr!

Du kannst die Wörter schreiben, ohne dich dauernd zu verschreiben?
Ja!

Und wie hast du das gemacht?
Ich hab einfach immer geübt. In der ersten Woche musste ich mich noch drauf konzentrieren, aber jetzt geht es schon ganz automatisch.

Du meinst, automatisch erscheint das Wort zuerst!
Ja!

 

Mutter von Anton 16. Feb.  telefonisch

 

„Also, ich war wirklich erstaunt, wie ihm die zweimal Treffen geholfen haben. Früher, ach, was hat er da, wenn er was geschrieben hat, einen Aufsatz oder so, was hat er da verbessert und jetzt- mal hier, mal da was.“

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